IN A VIOLENT NATURE (OmU/DF)
Cinema Obscure
Ein vorweihnachtlicher, geradezu meditativer Slasher in Slow-Motion
Das Slashergenre ist so etabliert, dass es in vielerlei Hinsicht festgefahren wirkt: Der Plot folgt bekannten Mustern, zeigt die üblichen Charaktere und die spannendste Fragen bezüglich des Killers sind stets, welche Maske er trägt und welche Waffe er nutzt. Es gibt scheinbar wenig Möglichkeiten für Variationen. Und doch gelingt es gelegentlich Regisseurinnen und Regisseuren, dem Genre frische Elemente hinzuzufügen. So auch im kanadischen Slasherfilm „In a Violent Nature“ von Chris Nash.
Eine Gruppe von College-Kids verbringt einige Tage in einer Waldhütte. Beim gemütlichen Lagerfeuer werden abends die schaurigsten Legenden ausgepackt, die man sich über den Wald erzählt – darunter auch die Erzählung von Johnny, dem Sohn eines lokalen Händlers, der einst aufgrund eines Streichs einiger Holzfäller von einem Feuerwachturm stürzte und starb. Kurz nach seinem Tod soll Johnny als rachsüchtiger Killer zurückgekehrt sein und zahlreiche Menschen auf brutale Weise ermordet haben. Auch Jahrzehnte später hat es eine ungewöhnlich blutige Mordserie im Wald gegeben – Gerüchten zufolge ebenfalls von Johnny verübt. Tatsächlich findet die Gruppe den berüchtigten Feuerwachturm und nimmt von dort ein Medaillon mit. Schon wenige Stunden später beginnt das Morden im Wald von Neuem.
In puncto Handlung wandelt In a Violent Nature auf altbekannten Pfaden: Ein einsamer Wald, ein scheinbar unsterblicher Killer, eine gruselige Backstory und eine unvorsichtige Gruppe junger Erwachsener. Alle Zutaten für einen 08/15-Slasher sind vorhanden – und doch birgt Chris Nashs Film einige Überraschungen.
Da wäre zunächst die Erzählperspektive: Der Film wird nahezu ausschließlich aus Sicht des stummen Killers gezeigt. Die meiste Zeit sehen wir Johnny von hinten, wie er unerbittlich seine Opfer verfolgt. Und wie es nun einmal ein echter Slasherfilm-Killer macht, rennt Johnny grundsätzlich nicht, sondern stapft gemächlich durch den Wald. Plötzliche Schnitte ohne Überblendung verdeutlichen die Zeit, die dabei ins Land geht: Ob Morgen, Mittag, Abend oder Nacht, Johnny ist langsam, aber unaufhaltsam. Der Film kokettiert mit den Regeln des „Slow Cinema“, eines minimalistischen Filmstils, der sich, wie der Name bereits impliziert, viel Zeit lässt. Die Betonung liegt eher auf atmosphärischen Long Takes als auf rasanter Action; selbst die Erzählung an sich tritt in In a Violent Nature in den Hintergrund, um dem gemächlichen Killer im Wald die Bühne zu bereiten.
Zum minimalistischen Ansatz passt auch, dass Nashs Film ohne musikalischen Soundtrack auskommt und zudem im 4:3-Format gedreht wurde. Das erinnert einerseits an die Hochzeiten des Slashergenres in den 80er-Jahren, zu denen nun einmal Videokassetten und Röhrenfernseher anstelle von 4K-Auflösung und Widescreen-Geräten gehören. Andererseits erweckt In a Violent Nature dadurch auch den realistischen Look eines amateurhaft mit Camcorder gedrehten Heimvideos.
Diese ungewöhnlichen Entscheidungen bedeuten jedoch nicht, dass In a Violent Nature zimperlich ist. Im Gegenteil: Eben weil die Produktion sich sehr viel Zeit lässt und an vielen Stellen recht simpel wirkt, sind die eindrucksvollen Kills umso überraschender. Auch hier bringt Nashs Film eine gehörige Prise Nostalgie für alte Slasherfilme mit, denn viele der gezeigten Morde sind dermaßen gewaltvoll, dass sie wieder ans Alberne und Komische grenzen.
Für Slasherfans, die die Geduld mitbringen, auch einen langsam inszenierten Film genießen zu können, ist In a Violent Nature eine volle Empfehlung. Wer dagegen kurzweilige Action bevorzugt, sollte sich lieber nach einem anderen Film umschauen. (kino-zeit.de)