Kinoptikum
AUF DER ADAMANT (OmU)
Aktionswoche Inklusion
Di 07.05. 
19:00 
Do 09.05. 
18:00 
So 12.05. 
11:00 
Mi 15.05. 
19:00 
Von einem utopischen Ort der Menschlichkeit mitten in Paris
Am rechten Ufer der Seine, im Schatten der Pont Charles de Gaulle, im 12. Arrondissement, fern der touristischen Zentren von Paris liegt das Holzschiff mit Namen Adamant am Ufer. Tag für Tag kehren hier Menschen ein, die im Umfeld wohnen und therapeutisch begleitet werden. Sie malen, spielen Musik, beteiligen sich an der Buchhaltung und dem Ausschank von Kaffee, auch ein kleines Filmfestival wird organisiert.
Seit vielen Jahren liegt die Adamant in Paris am Ufer und ist für viele der Besucher, die man kaum Patienten nennen mag, ein zweites zu Hause geworden. Über mehrere Monate drehte der Dokumentarfilmer Nicolas Philibert auf dem Boot, fügte sich in den Tagesablauf ein, beobachtet die Therapeuten und Patienten, lässt aber vor allem letztere zu Wort kommen. Nicht in den typischen „Talking Head“-Interviews vieler zeitgenössischer Dokumentarfilme, sondern in natürlich wirkenden Gesprächen, in denen einfach zugehört wird. Bisweilen adressieren die Gesprächspartner Philibert oder seine Mitarbeiter hinter der Kamera, grundsätzlich aber hält sich der Regisseur zurück.
Vor gut 20 Jahren hatte Philibert mit diesem Ansatz auch die kleine Dorfschule gefilmt, deren Lehrer in „Sein oder Haben“ porträtiert wurde und ein großer internationaler Erfolg wurde. Viel hat sich seither im dokumentarischen Kino verändert, auch durch die Notwendigkeit den Förderinstitutionen oft schon vor dem Dreh sehr genau zu sagen, welchen Film man machen will, wurden mehr oder weniger gescriptete Dokumentationen zur Regel, Filme, bei denen schon vorher eine These geformt wurde, die dann durch passende O-Töne nur noch bestätigt werden muss.
Der inzwischen 72jährigen Philibert arbeitet ganz anderes, viel offener: Er lässt die Dinge auf sich zu kommen, verzichtet auf erklärende und oft vereinfachende Voice-Over-Kommentare, auch Texteinblendungen finden sich erst ganz am Ende. Hier stehen ganz die Menschen im Mittelpunkt, die auf der Adamant Zeit verbringen, die dort einen utopischen anmutenden Raum finden, in dem sie ihre Kreativität ausleben können, in dem sie nicht schief angeschaut werden, bloß weil sie sich ein wenig anders verhalten, als es der Norm entspricht.
Zwei weitere Filme hat Nicolas Philibert in Arbeit, die sich mit Facetten der psychiatrischen Arbeit in diesem Teil von Paris befassen werden, doch im Zuge von Einsparungen wird auch hier das Geld knapp. Erst ganz am Ende seines berührenden, zutiefst humanistischen Films öffnet Philibert mit einigen Texteinblendungen diesen Zusammenhang: Als Ort des Widerstands, an dem die Individualität der Menschen sich entfalten kann, beschreibt er die Adamant. Man kann nur hoffen, dass er erhalten bleibt.
(programmkino.de)
FSK 0
Originaltitel: 
Sur l’Adamant
Land/Jahr: 
F 2023
Länge:
109 Min.
Regie:
Nicolas Philibert

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